Das „Urbane Gebiet“
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Die neue Gebietskategorie
Um dem Problem des hohen Wohnbedarfs in den Innenstädten zu begegnen, wurde im Mai 2017 mit dem sogenannten „Urbanen Gebiet (MU)“ eine neue Baurechtskategorie in der Baunutzungsverordnung (§ 6a BauNVO) geschaffen. Sie soll vor dem Hintergrund des Vorrangs von Innentwicklung und Bestandserneuerung vor einer Siedlungsexpansion der Idee einer nutzungsgemischten Stadt und einer Stadt der kurzen Wege baurechtlich Rechnung tragen. Bei dem „Urbanen Gebiet“ handelt es sich um die erste neue Gebietskategorie seit 1977.
Mehr Platz für Wohnraum
Ein wichtiges Merkmal des „Urbanen Gebiets“ ist die Nutzungsmischung, so dass Wohnen, Gewerbe, soziale, kulturelle und andere Einrichtungen nebeneinander bestehen können. Dabei muss das Verhältnis zwischen den Nutzungen nicht gleichgewichtig sein. Dadurch können beispielsweise auch ehemalige Gewerbeimmobilien als Wohnungen genutzt werden, auch wenn Wohngebäude bereits in der Überzahl sind. Dies bietet Möglichkeiten zur Verdichtung. Zusätzlich kann festgelegt werden, dass oberhalb eines bestimmten Geschosses nur Wohnungen und keine anderen Nutzungen zulässig sind. Dies trägt dazu bei, dass mehr Wohnraum geschaffen werden kann. Hingegen kann festgelegt werden, dass im Erdgeschoss an der Straßenseite eine Wohnnutzung nicht oder nur ausnahmsweise zugelassen ist. Vergleichbare Regelungen gibt es zwar bereits in anderen Gebietskategorien, dort muss allerdings meist ein „besonderer städtebaulicher Grund“ vorliegen, der im „Urbanen Gebiet“ nicht benötigt wird. Um das Ziel einer höheren Verdichtung zu erreichen, wird im „Urbanen Gebiet“ eine höhere Bebauungsdichte durch eine entsprechend hohe Grundflächenzahl (maximal 0,8 – in Mischgebieten 0,6, in Kerngebieten 1,0) und Geschossflächenzahl (maximal 3,0 – entspricht dem Kerngebiet) ermöglicht (§ 17 BauNVO). Weiterhin kann festgelegt werden, dass ein bestimmter Anteil bzw. eine bestimmte Größe der Geschossfläche für Wohnungen oder für gewerbliche Nutzungen zu verwenden ist. Im Gegensatz zum Mischgebiet, in dem keine Dominanz von Wohnen oder Gewerbe erkennbar sein darf, bietet das „Urbane Gebiet“ so deutlich mehr Flexibilität und vereint Verdichtung und Polyzentralität in der Innenentwicklung. Durch höhere Immissions- und Lärmschutzrichtwerte wird ebenfalls die Mischung von Gewerbe und Wohnen erleichtert. Dadurch ist eine Wohnnutzung auch in Gebieten möglich, die vorher wegen Lärm oder anderen Emissionen als ungeeignet erschienen.
Die neuen Regelungen des „Urbanen Gebietes“ ermöglichen es somit, dass neue Wohnungen auch in Gewerbegebieten entstehen, Büros zu Wohnungen umgebaut, Baulücken in dicht bebauten Wohnquartieren geschlossen werden und leichter zusätzliche Dachgeschosse gebaut werden können. Dies trägt zu einer besseren Nutzung der Fläche in zentralen Lagen bei, so dass weniger in den Außenbereich ausgewichen werden muss und somit die Inanspruchnahme von Flächen reduziert werden kann.
Das erste urbane Gebiet
Auf der nördlichen Wallhalbinsel in Lübeck befinden sich historische Hafenschuppen, die erhalten werden sollen. Um sie weiterhin nutzen zu können, sollen die Schuppen in Zukunft sowohl Veranstaltungsräume als auch Wohnungen beherbergen. Da es durch Musikgruppen, ein Theater und ein Restaurant zeitweise immer wieder zu einem erhöhten Lärmaufkommen kommen kann, soll das Gebiet mit einem neuen Bebauungsplan zu einem „Urbanen Gebiet“ werden. Mithilfe der neuen Kategorie lassen sich Veranstaltungslärm und Wohnen vereinen sowie das Baufeld für einen Neubau vergrößern. Auch in München und Hamburg werden die Vorteile eines „Urbanen Gebiets“ für einzelne Viertel diskutiert.
Weitere Informationen:
- Informationen des BMUB
- Urbanes Gebiet – „nutzungsgemischte Stadt der kurzen Wege“
- Warum die deutsche Wirtschaft um mehr Lärm in Städten kämpft, Artikel in der Welt vom 27.01.2017
- § 6a der Baunutzungsverordnung (BauNVO): Urbane Gebiete